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Ehrenmorde bis 2000

Serif Alpsozman

geboren: 1976
erschlagen und überfahren: 23./24. August 1999
Wohnort: Bremen
Herkunft: Türkei
Kinder: keine
Täter: vier Kurden: Sehmus M., Ahmet T., Iskender T., Mehmet E.

Auch Männer können Opfer eines Ehrenmords werden, und zwar dann, wenn sie in die „Verfehlungen“ einer Frau involviert sind. In diesem Fall ist es die 18jährige Ayse, die nicht den Mann heiraten will, den ihr Vater für sie vorsieht. Sie liebt Serif, zieht mit ihm zusammen und heiratet ihn heimlich.

Das kann Ayses Vater nicht auf sich sitzen lassen. Um seine Ehre wieder herzustellen, wendet er sich an die PKK. Diese sieht die Gelegenheit, ein Exempel zu statuieren: Denn ihre Kämpfer dürfen nicht (untereinander) heiraten. Sie müssen ihr Leben ganz in den Dienst der Partei stellen. Und Serif ist PKK-Kämpfer: Beim Kampf sind ihm beide Füße zerfetzt worden, sein Rückrat ist verletzt, er sitzt im Rollstuhl. Auch Ayse - beziehungsweise wohl eher ihre Eltern sind PKK-Aktivisten. Zusätzlich meint ihr Vater, Serif könne seine Pflichten als Ehemann aufgrund seiner Verletzungen sowieso nicht erfüllen.

Als das junge Paar sich weigert, vor ein PKK-Gericht zu treten, ertränken im August 1999 drei Kurden Ayse im Uferschlamm der Weser. Serif wird erschlagen und überfahren.

Das Landgericht Bremen sieht im April 2001 die Tat nicht als Mord, sondern als Totschlag. Es fehle am niederen Motiv: Den geständigen Angeklagten seien aufgrund ihrer stark verinnerlichten heimatlichen Wertvorstellung keine niederen Beweggründe zu unterstellen. Daher sei die Tat kein Mord, sondern Totschlag. Der Auftraggeber Mehmet erhält neun Jahre und sechs Monate, die anderen zwischen 13 und 15 Jahren Haft. Einer von ihnen wurde von Skandalanwalt Rolf Bossi vertreten, der in einigen Ehrenmordfällen ein Mandat übernommen hat.

Im Februar 2002 hebt der Bundesgerichtshof das Urteil gegen die drei Haupttäter auf. Doch auch in der Neuverhandlung bleibt es wegen „der Erziehungstradition ihres Volkes“ beim Todschlag. Ayses Vater, um dessen Ehre es ging, tritt als Nebenkläger auf (nicht etwa als Angeklagter).

Im Sommer 2014 kommt der Doppelmord noch einmal in die Medien: Es gibt immer noch Akten über Helfer der Mörder, die vom Landgericht Bremen 15 Jahre nach der Tat nicht bearbeitet wurden. Die Sache versandet, 2015 wird die Akte geschlossen

Links

aus dem TAZ-Archiv
www.welt.de
www.wissen.spiegel.de
www.weser-kurier.de
www.wikipedia.org

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