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Ehrenmorde 2021

Maryam H.

geboren: 1987
ermordet: 13. Juli 2021
Wohnort: Berlin
Herkunft: Afghanistan
Kinder: 1 Mädchen, 1 Junge (zur Tat 9 u. 13 J.)
Täter: ihre Brüder Yousuf Sayed und Mahdi Seyed H. (22 u. 25 J.)

Maryam wird mit 16 Jahren in Afghanistan (oder im Iran) an den 10 Jahre älteren Saeeb zwangsverheiratet, der in Deutschland lebt. Sie bekommt zunächst 2 Kinder und zieht dann 2013 mit ihnen nach Berlin. Etwa 4 Jahre später lässt sie sich von ihrem gewalttätigen Ehemann scheiden und erwirkt ein Näherungsverbot. Später zieht sie mit ihren Kindern in ein Flüchtlingshaus in Berlin-Lichtenberg. Am 13. Juli 2021 lockt ihr jüngerer Bruder sie in seine Wohnung in Neukölln, die das Sozialamt für ihn gefunden hat. Dort ist auch ein anderer Bruder, der aus Bayern angereist ist. Maryam wird misshandelt, bis sie an ihren Kopf- und Halsverletzungen stirbt. Offenbar hat es bereits vorher Einschüchterungen, Drohungen und Misshandlungen gegeben. Ob der Exmann etwas mit dem Mord zu tun hat, ist zunächst unklar.

Sayed und Seyed bringen die Leiche ihrer Schwester in einem Koffer mit der Bahn von Berlin nach Bayern, wo der ältere Bruder lebt. Dort wird sie in einem Erdloch verscharrt. Anfang August wird sie gefunden. Die Polizei hatte die Handydaten der Brüder ausgewertet. Zusätzlich verwickelte sich die Freundin des einen Täters bei ihrer Befragung in Widersprüche. Sie heißt Edina, ist eine anderweitig verheiratete Ungarin und hat ein 2jähriges Kind mit dem Täter. Angeblich sind die beiden seit 5 Jahren zusammen. Vor Gericht wird sie den Täter später als überaus sanft und liebevoll beschreiben.

Die Brüder werden in Berlin festgenommen. Ihnen soll der Lebensstil der älteren Schwester nicht gepasst haben, wozu gehört, dass die außerhalb des Flüchtlingshauses kein Kopftuch trug, sich schminkte und scheiden ließ. Außerdem hatte sie sich in Farrokh (31 J.) verliebt, dessen Familie aus dem Iran kommt. Er ist in Berlin geboren, hat Psychologie studiert, lebt in Scheidung und arbeitet als Familienhelfer, wo er schließlich Maryam kennenlernt. Auch er wird von den Brüdern bedroht. Später wird Farrokh zur Polizei gehen und Maryam als vermisst melden. Ebenso schikanierten die Brüder Maryams kleine Tochter, weil sie kein Kopftuch trägt. Beide Brüder leben seit 7 bzw. 9 Jahren in Deutschland und sprechen kein Deutsch. Sie sind arbeitslos und ledig, der ältere hat eine uneheliche Tochter.

Im März 2022 beginnt der Prozess am Kriminalgericht Berlin. Offenbar hat die Familie in Afghanistan mit dem ältesten Bruder beraten, was zu tun ist. Die Mutter sprach sich gegen eine Tötung aus. Eine Schwester erzählt Maryam von der Familienkonferenz. Außerdem sollte Maryams Sohn dazu erzogen werden, seine Mutter zu kontrollieren. Vor Gericht erscheint auch der misshandelnde Ex-Ehemann. Gut möglich, dass er das Sorgerecht für die Kinder beantragt.

Zu Maryams Beerdigung kommt niemand aus ihrer Familie. Ihr älterer Bruder Jamal (30 J.) verweigert vor Gericht die Aussage. Er ist wegen einer anderen Gewalttat in Haft: 2020 hatte er am Alexanderplatz einen Mann niedergestochen und lebengefährlich verletzt. Er wurde zu 5 Jahren Haft verurteilt, was ihn in Berlin auf baldigen offenen Vollzug hoffen lässt. Später, im November 2022, erhängt er sich in seiner Zelle. Ein Onkel (32 J.) verweigert ebenfalls die Aussage. Maryams Sohn sagt aus, die Täter seien sexuell übergriffig gewesen - ihm und seiner inzwischen 10jährigen Schwester gegenüber.

Ein weiteres Detail: Nach dem Mord kam einer der Brüder zu Besuch bei dem ältesten Bruder, der eine Gefängnisstrafe von 2020-2025 absitzt. In der Justizvollzugsanstalt kam es zu emotionalen Tröstungsszenen, wie eine Sozialarbeiterin vor Gericht aussagt. Man kann das so interpretieren, dass der Täter seinem älteren Bruder den Vollzug der in Auftrag gegebenen Tat meldet. Der Häftling musste außerdem verlegt werden, weil er eine Justizbeamte sexuell belästigt hatte.

Nach einem halben Jahr Verhandlung beendet einer der Brüder sein Schweigen und gibt die Tat zu, bestreitet aber die Tötunggsabsicht.

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