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Ehrenmorde 2006

Gülperi B.

geboren: 1985
Mordauftrag: 2006
Wohnort: Hadamar (bei Limburg/Hessen)
Herkunft: Türkei
Kinder: keine
Täter: ihr Vater Emin B. (zur Tat 45 J.), kurdischer Türke, seit 15 Jahren in Deutschland

Gülperis Vater beauftragt seinen 16jährigen Sohn, seine Schwester Gülperi umzubringen. Der Grund: Sie weigert sich, einen unbekannten Cousin aus der Türkei zu heiraten.

Obwohl der Mord nicht ausgeführt wird, findet sich Gülperis Geschichte in diesem Archiv. Denn sie weist viele typische Elemente eines Ehrenmords auf, darunter: Zwangsheirat, Mordauftrag aus dem Clan, Auftrag an einen Minderjährigen (der nach dem Jugendstrafrecht bestraft wird), häusliche Gewalt, kein Respekt für das Lebensrecht der jungen Frau, kein Respekt für das geltende Gesetz. Und die Schwierigkeit, einen Clan vor Gericht zu befragen.

Gülperis Vater gibt als Beruf Imam an, also muslimischer Geistlicher. Möglicherweise hat er diesen Beruf früher in der Türkei ausgeübt. In Deutschland aber ist er arbeitslos und spricht kein Deutsch. Er lebt mit zwei Frauen und elf Kindern im hessischen Hadamar.

Der Kurde, der seit 15 Jahren in Deutschland ist, möchte seine Tochter an einen Cousin in der Türkei verheiraten. Bei einem Türkeiaufenthalt von Gülperi und ihrem 16jährigen Bruder Ruhi (und möglicherweise zwei weiteren Kindern) werden im August 2006 Ringe getauscht. Vermutlich werden Cousin und Cousine von einem Imam getraut.

Doch die junge Frau überlegt es sich anders und gibt den Ring zurück. Nach ihrer Rückkehr stellt der Vater die beiden zur Rede. Er fesselt Gülperi an eine Heizung, bis sie in Todesangst verspricht, doch den von ihm ausgewählten Cousin zu heiraten. Außerdem verprügelt Vater Emin seinen Sohn. Mit einer Pistole droht er, Ruhi umzubringen, sollte sich dieser seinen Wünschen widersetzen. Die herbeigerufene Polizei findet die geladene Waffe hinter dem Sofa. Doch der Sohn will den Vater nicht anzeigen.

Allerdings wendet sich Ruhi im Oktober 2006 an einen Lehrer, der daraufhin Emin anzeigt. Später kommt der Sohn ins Zeugenschutzprogramm.

Vor dem Landgericht Limburg sagen die anderen Geschwister zugunsten ihres Vaters aus. Auch Gülperi behauptet, sie habe nichts gewusst und nichts gesehen. Emins „Ehefrauen“ sitzen mit weißen Kopftüchern im Gerichtssaal. Am 23. April 2007 wird der Vater zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Er legt Berufung ein, die der Bundesgerichtshof jedoch im Oktober 2007 verwirft.

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